Fehlt der Durchblick, heisst es: Finger weg!

Alibaba rocket Zalando – alles gaga?

Oh Mann was war ich froh, dass ich mich in letzter Zeit um handfestes Business kümmern durfte: Oktoberfest und Bierbrauer oder gefallene Engel statt Wündertüten aus 1001 Nacht und die im  Kielwasser fahrenden Klonkrieger mit ihrem Lieblingssohn, der vor Glück schreit. Nun aber kann man ja kaum noch die Augen davor verschließen, so massiv wird in den Medien über Alibaba, Zalando und Rocket Internet und die dazugehörigen Börsengänge berichtet. Und zack sind sie alle wieder da: Die gierigen Glücksritter und ihr Sonntagsgeld. Zalando? Kenn ich, da bestellt meine Frau immer, also sind die Aktien auch bestimmt spitze. Kauf ich. Notfalls gibt’s da ja auch ein 12 monatiges Rückgaberecht, oder nicht?

Neuer Markt – ick hör dir trapsen

Das riecht ja wieder verdammt nach Neuem Markt. Dabei  hatten wir doch alle unsere Lehren daraus gezogen: Kein Geld in Unternehmen, deren Geschäft man nicht versteht. Aber Zalando? Alibaba? Da geht doch was. Dabei wurde Zalando – nach jahrelangem Geldverbrennen – gerade rechtzeitig für ein Quartal auf Rendite getrimmt. Nachhaltigkeit sieht anders aus. Aber egal. Die Aktien können zum Preis von bis 22,50 Euro gezeichnet werden. Die Nachfrage ist hoch, im Graumarkt kostet das Papier bereits umzu 27 Euro. Ergibt eine Bewertung von – anschnallen – fast 5 Milliarden Euro

Fehlt der Durchblick, heisst es: Finger weg!
Fehlt der Durchblick, heisst es: Finger weg!

Und Alibaba? Das Konglomerat  ist dermaßen verschachtelt, da blickt doch nun wirklich niemand durch. Interessanterweise haben 88 % der Amerikaner noch nie etwas von Alibaba gehört. Lassen wir es uns auf der Zunge zergehen: Den größten Börsengang in der Geschichte legt ein Unternehmen hin, von dem man kaum etwas weiß und das kaum jemand kennt.. Na dann sollte man ja auf jeden Fall mal die Aktien kaufen. Alibaba hatte am Abend des Börsengangs mehr Gewicht als Coca Cola oder Walt Disney – Unternehmen, die auf diesem Planeten wahrscheinlich jedes Kind kennt.

Transparenz? Überbewertet!

Dazu kommt, dass chinesische Firmen nicht wirklich mit Transparenz glänzen.  Anleger, die z.B. in Zhongde Waste, Ming le Sports oder jüngst Ultrasonic investierten werden sich daran mit Schmerzen erinnern. Ach übrigens:  Auch Rocket startet an der Börse im Entry Standard. Dort sind die Transparenz-Anforderungen ebenfalls geringer. Wobei das Geschäft von Rocket ja erst kommen soll. Bis es soweit ist, wollen die Samwer Brüder für ihre, na sagen wir mal Start-Up-Schmiede gepflegte 1,5 Milliarden Euro haben. Und nun halten wir uns mal nicht mit sowas profanem wie Gewinn auf. Immerhin macht die „operative Multi-business-Plattform“ (O-Ton Oliver Samwer)  Umsatz: 47 Millionen im ersten Halbjahr 2014. Das gerechtfertigt dann doch mal locker eine Bewertung, wie sie die Lufthansa gerne hätte. In dieser Größenordnung wäre dann doch etwas Transparenz angebracht, aber ach was red ich. Ich muss doch noch schnell zur Bank Aktien zeichnen. Auch beim nächsten Crash will man doch mit an forderster Front stehen…

Lesen Sie dazu auch mein Interview mit Christoph Gerlinger, Vorstand der German Startups Group,  zum Thema Neuer Markt 2.0

Illustration: boersenblog.biz