Paris

Nebenwerte aus Frankreich – bon appétit

Vor 50 Jahren haben Deutschland und Frankreich den Elysée-Vertrag unterzeichnet. Aus den Erbfeinden sind Partner geworden, doch  letzter Zeit aber hinkt Frankreich – wirtschaftlich betrachtet – sehr hinter Deutschland her. Ich gratuliere indem ich mir mal die aktuelle Aktiensituation des Nachbarlandes genauer ansehe.

Frankreich scheint es schlecht zu gehen, seitdem es in seiner Bonität von den großen Ratingagenturen wie Moody’s herabgestuft wurde. Die schlechte Haushaltslage plus schlechte Konjunkturaussichten sind daran schuld, also musste der Staat kreativ werden. Dabei geht Unser Nachbar gerne mal vorweg in Europa. Zwar wurde gestern erst beschlossen, daß Deutschland unParisd neun weitere EU-Länder  nun eine neue Steuer auf Finanztransaktionen einführen dürfen, jedoch wollte Frankreich so lange nicht warten und führte bereits im April 2012 schon mal seine eigene Transaktionssteuer ein.  Dabei düpierte das Land damit seine europäischen Nachbarn, die nicht genau wissen, wie sich die Steuer mit Doppelbesteuerungsabkommen in Einklang bringen läßt, aber so war sie ja schon immer, die Grande Nation. Und wo sie schon dabei war, legte sie sich gleich noch mit ihren wohlhabenden Intelektuellen wie Brigitte Bardot und Gerard Depardieu an um mit der populistischen Vermögenssteuer noch den ein oder anderen Euro zu machen.

Die Kreativität aber ging kräftig nach hinten los: Die Transaktionssteuer verprellte viele Anleger, die wiederum französische Aktien wie heisse Kartoffeln fallen ließen. Die eingeführte Vermögenssteuer trifft zu 9/10 die Wirtschaft und nicht die Privatschatullen der Reichen. Dadurch steht den Unternehmen weniger Geld zu Investitionen zur Verfügung, das abgeführte Geld wird vom Staat zu einem viel geringeren Prozentanteil nur wieder dem Wirtschaftskreislauf zugeführt- wenn überhaupt. Dazu kommen hausgemachte Probleme, wie hohe Lohnstückkosten oder hohe Arbeitslosigkeit, die die Sozialkassen belastet. Auch der staatlich verordnete Protektionismus für Schlüsselindustrien oder nationale Champions wirken nicht gerade anziehend auf internationale Investoren. Als z.B. Pepsico im Jahre 2005 Danone übernehmen wollte, ging ein Aufruhr durch das Land und Politik, Gewerkschaften und Bauernverbände wetzten die Waffen um dem Eindringling alles entgegenzusetzen, was geht.  Dagegen waren die Verflechtungen der Deutschland AG seinerzeit fast niedlich.

Frankreich hat Charme und bietet Chancen

Frankreich ist also anscheinend kein gutes Pflaster für Aktien und darüber hinaus droht dort die größte strukturelle Gefahr für Europa. Kann ja alles sein, aber auch in Frankreich gibt es bei genauerem Hinsehen sehr viele Chancen zu entdecken, die gute Rendite bieten. Bewusst blicke ich nicht auf die großen Titel, wie Total, Danone, Sanofi oder Vivendi, da ich diese für zu sehr am Gängelband des Staates sehe. Mich interessiert hier vielmehr der Blick in die zweite Reihe. Und die hat es in sich!

Im Vergleich mit anderen Krisenstaaten wie Portugal, Italien oder Spanien sind in Frankreich Aktien der mittleren und kleineren Unternehmen durch die Bank billiger geworden. Das bietet Chancen, denn wenn die Stimmung durchweg mies ist, ist die Chance am größten. Man muss jetzt nur noch den Mut haben zuzugreifen. Zum Beispiel beim Medienunternehmen M6 Métropole Télévision S.A. (ISIN: FR0000053225).  Der private Fernsehsender bietet eine breite Palette an Programmen in den Bereichen Nachrichten, Sport, Filme, Serien, Magazine und Unterhaltung an. Über den DTT Kanal W9 bietet M6 digitales Fernsehen an. Das von Bertelsmann und der RTL Group kontrollierte Unternehmen bietet neben dem eigenen Geschäft noch eine stattliche Anzahl an Immobilienbesitz in Paris, eine sorgenfreie Bilanz und darüber hinaus eine hohe Dividendenrendite.

Oder wie wäre es mit einem verprügelten Zykliker, dem Zementunternehmen Ciments Français S.A. (ISIN: FR0000120982) ? Das Unternehmen hat nach Analystenmeinung eine der besten Bilanzen im gesamten Sektor und bietet zusammen mit einem Aktienrückkaufprogramm und der hohen Dividendenrendite von zur Zeit über 6% eine hervorragende Aussicht. Große Kursrisiken sollten nicht mehr vorhanden sein, bei Anziehen der Konjunktur aber dürfte auch der Wert der Aktie zulegen.

Im Zuge der Ausgabe neuer, fälschungssicherer Euro Banknoten dürfte auch  Hologram Industries (ISIN: FR0000062168) profitieren. Das Unternehmen entwirft und produziert hochsichere holografische Komponenten zur Sicherung von Kreditkarten, Banknoten, aber auch Ausweispapieren oder effektiven Stücke. Enormes Potential für die Entwicklung liegt vor allem in Osteuropa. Und genau dort ist das Unternehmen stark am wachsen.

Frankreich ist Atomland und erneurbare Energien haben traditionell einen schweren Stand. Dennoch hat Frankreich mit Theolia (ISIN: FR0011284991) auch hier einen wahren Champion im Angebot. Der Energiespezialist ist unter anderem in den Bereichen Biomasse, Windkraft und Müllentsorgung unterwegs und baut sein Geschäft gerade im Ausland kräftig aus. So entsteht gerade in Marocco ein Windpark mit 300 MW Kapazität.

Ebenfalls im Umweltbereich unterwegs ist Veolia Environnement S.A.  (ISIN: FR0000124141). Zwar passt das Unternehmen nicht wirklich in diese Aufzählung, da es sich um einen nationalen Champion handelt. Ich will es dennoch hier aufführen, da es eine der größten Turn Around Aussichten bietet: Tätig auf allen 5 Kontinenten, leidet das Unternehmen bereits seit längerem unter der schlechten Profitabilität des operativen Geschäfts und der hohen Verschuldung. Es folgte ein Absturz der Notiz bis auf ca. 8 Euro, wo sich ein breiter Boden ausbildete. Mittlerweile werden Randaktivitäten verkauft und der Konzern massiv umgebaut. Das kommt gut an und in die Aktie ist wieder Leben gekommen. Die Societe Generale (SocGen) hat die Einstufung für Veolia Environnement auf „Buy“ und das Kursziel auf 30,00 Euro belassen. Die Aktie des französischen Umweltdienstleisters zähle zwar mit zu den zyklischsten im Sektor, sollte aber von einer robusteren Wirtschaftserholung in den USA und vom Wiederanziehen der Rohstoffpreise gestärkt werden. Zudem profitiert das französische Unternehmen von seiner unangefochtenen Führungsrolle in der Wasserwirtschaft. Abgesichert ist die Aktie auch durch die hohe Dividende von 75 ct / Aktie, die das Unternehmen für die nächsten beiden Jahre bereits garantiert hat.

Frankreich hat also durchaus mehr zu bieten als den CAC 40. Gourmets unter den Aktienliebhaber sollten das Land also nicht abschreiben. Sobald dann noch mit der konsequenten Bekämpfung von strukturellen Problemen begonnen wird, wird das Land schnell wieder ins allgemeine Anlegerinteresse geraten.  Antizykliker steigen jetzt schon ein und ernten später.

Foto: boersenblog.biz