Ladengeschäft des Modeschmuckhändlers Bijou Brigitte

Zwei gefallene Engel: Bilfinger und Bijou Brigitte – lohnt sich schon der Einstieg?

Ich gebe es ja zu: Die beiden Aktien kann man nicht wirklich miteinander vergleichen, zu unterschiedlich ist das Geschäftsmodell. Und doch gibt es einige Berührungspunkte: Beide sind gefallene Engel und bieten neben einer hohe Dividendenrendite ein erhebliches Aufwärtspotential. Und noch etwas haben sie beide gemeinsam: Ich beobachte die unternehmen schon lange und doch wollte ich beim letzten Kursrutsch der beiden noch nicht zugreifen, dachte es kommen noch tiefere Kurse. Mein Geiz wurde allerdings nicht belohnt und so liefen mir die Kurse von Bilfinger ab 2009 von 25 € auf über 90 € und der von Bijou Brigitte von 50 € (2012) auf knapp 80 € davon. Doch nun scheint es, als gäbe es eine zweite Chance für mich, denn die Kurserholung schien zu früh (Bijou Brigitte) bzw. zu hoch (Bilfinger). Es juckt zwar in den Fingern, doch sind die Geschäftsaussichten der Unternehmen immer noch so, wie ich sie damals sah?

Bijou Brigitte – grundsolide, aber angeschlagen

Um fast 90 Euro war die Aktie des Hamburger Modeschmuckunternehmens im Laufe der Finanzkrise gefallen und ich sah Mitte 2012 in ihr eine Wette auf den Turnaround in den Krisenstaaten Italien, Spanien und Portugal. Als dann noch  Insiderkäufe bei Bijou Brigitte den Startschuss für eine Rallye gaben, erholte sich die Aktie bis in den Bereich um 80 Euro, bevor sie jetzt wieder aufden Boden der Tatsachen zurückkam. Denn die Talsohle ist in den Mittelmeerstaaten immer noch nicht durchschritten. Im Gegenteil: Es ist immer noch rückläufig und auch wenn das Geschäft in Deutschland weitestgehend stabil blieb, so ist es bei genauerem Hinsehen doch angeschlagen. Laut Bijou Brigitte Halbjahresbericht zum 30.06.2014 ging der Umsatz in Deutschland zwar nur um -1,7 % zurück, der Gewinn vor Steuern brach allerdings mit -14,5 % ein.

Ladengeschäft des Modeschmuckhändlers Bijou Brigitte
Ladengeschäft des Modeschmuckhändlers Bijou Brigitte

Interessante Dividende, aber gedeckelte Aussichten

Der größte Vorteil bei Bijou ist die hohe Eigenkapitaldecke von über 85%. Doch was tut der Vorstand mit dem Geld? Warum wird es nicht ins Wachstum des Unternehmens investiert oder an die Aktionäre ausgeschüttet? Apropos Ausschüttung: Auch die Dividende in Höhe von 3,50 €  ist auf dem jetzigen Kursniveau mit 6 % sehr attraktiv. Und doch dürften die Kursrisiken bei Bijou überwiegen, denn die Finanzkrise ist eben noch nicht ausgestanden und Kosten werden statt mit Innovationen mit Filialschließungen bekämpft. Außerdem scheint im Vorstand des Unternehmens nicht alles rund zu laufen. In verschiedenen Diskussionsforen wird über altbackene Unternehmensführung berichtet und die Leistung des Vorstandvorsitzenden Roland Werners (Sohn des Großaktionärs und Firmengründers) ohne klare Ausrichtung bemängelt. Ob wir bei Bijou also schon eine Bodenbildung sehen konnten, bleibt mehr als abzuwarten. Wenn es mit dem Geschäft weiter nach unten geht und dann die Dividende gekürzt wird, verliert die Aktie ihr stärkstes Argument.

Bilfinger – günstig aber noch nicht über den Berg

Wie schnell es auf der anderen Seite mit der Entlassung des Vorstandsvorsitzenden gehen kann, hat gerade Roland Koch bei Bilfinger schmerzhaft erfahren müssen. Nach 2 Gewinnwarnungen innerhalb kurzer Zeit war für ihn Schluss. Dabei hat das Geschäftsmodell durchaus Charme: Statt auf das stark konjunkturabhängige Baugeschäft setzt Bilfinger auf das weniger schwankungsanfällige Geschäft mit Dienstleistungen. Diese Wandlung führte die Aktie dann Anfang des Jahres noch auf das Alltime-High bei 93 €, bevor es dann im Zuge der Gewinnwarnungen zu zwei fetten Einbrüchen auf bis zu 52 € kam. Und hier griffen die ersten Schnäppchenjäger zu. Immerhin war die Aktie zum einen fast bei ihrem Substanzwert angekommen und  zum anderen lockte eine Dividendenrendite von fast 5 %. Doch wo viele zugreifen entsteht auch schnell Überhitzung. Immerhin ist die Aktie bereits seit den Tief wieder über 10% nach oben gelaufen und zum anderen drohen immer noch weitere Gewinnwarnungen. Gratis Coupons zum ausdrucken!

Energiewende belastet weiterhin – weitere Gewinnwarnungen sind nicht ausgeschlossen

Bilfinger schafft Lösungen für die Energieversorgung der Zukunft. Der Konzern entwickelt, fertigt und montiert Rohrleitungssysteme für Kraftwerke und Industrie. Das besondere Know-how liegt in der Verarbeitung von Spezialwerkstoffen.
Bilfinger entwicklet sich hin zum Dienstleister rund um die Energieversorgung der Zukunft. Der Konzern entwickelt, fertigt und montiert Rohrleitungssysteme für Kraftwerke und Industrie.

Ein Grund für den Gewinnrückgang des Unternehmens war die Tatsache, dass die Energieunternehmen im Zuge der Energiewende vorsichtig investieren – wenn überhaupt. Zwar liegt im Modell des Dienstleisters für regenerative Energien viel Zukunftsmusik doch es wird noch dauern, bis sich das auszahlt. Und so rechnet Bilfinger weiterhin mit schwierigen Verhältnissen im Geschäftsbereich Power und aufgrund der Ukrainekrise sogar mit einem sich verschlechternden Umfeld im Bereich Öl- und Gas.

Erholung kann sich noch hinziehen

Es sieht also eher danach aus, dass sich die Erholung der Bilfinger Aktie noch hinziehen kann, Eile ist nicht geboten. Man kann die Entwicklung also ruhig auch von der Seitenlinie aus betrachten, ein Aktienkurs fällt durchaus auch mal unter ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1. Und sollte es im Zuge weiterer, durchaus möglicher Gewinnwarnungen, Dividendenkürzungen geben, dann wäre der richtige Einstiegszeitpunkt gekommen.

Fazit: Während Bijou Brigitte viel Vergangenheit und wenig Zukunft im Kurs ist, ist es bei Bilfinger genau anders rum. Wer bei Bilfinger noch nicht dabei ist, sollte ruhig noch abwarten. Die 52 € sollten wir schon bald wieder sehen, bei Kursen unter dem Buchwert von etwa 45 € hingegen wird die Aktie aus Value Gesichtspunkten sehr interessant und man könnte erste Positionen aufbauen. Bei Bijou Brigitte bin ich hingegen nicht wirklich überzeugt. Hier blendet noch zu sehr die Vergangenheit und eine klare Strategie für die durchaus schwierige Zukunft sehe ich jedenfalls noch nicht. Hier könnten es durchaus noch viel tiefere Kurse geben.

Fotonachweis:
Bilfinger Energie: Pressefoto Bilfinger
Bijou Brigitte: boersenblog.biz